Die aktuellen Schlagzeilen überhäufen sich: Star-Regisseur und Oscar-Preisträger Roman Polanski ist bei der Einreise in die Schweiz überraschend verhaftet worden. Dem 76-Jährigen droht die Auslieferung an die USA, wo er vor mehr als drei Jahrzehnten eine 13-Jährige vergewaltigt haben soll. Europaweit löste die Nachricht von der Festnahme des Regisseurs heftige Proteste aus. Polanski sollte auf dem Filmfestival Zürich für sein Lebenswerk ausgezeichnet werden. US-Rechtsexperten zufolge könnte ihm eine mehrjährige Haftstrafe drohen. Aber was wird Roman Polanski eigentlich genau vorgeworfen, und was geschah in jener verhängnisvollen Nacht wirklich?
Marina Zenovich geht in ihrer Dokumentation genau dieser Frage nach und versucht zu erhellen, was der breiten Öffentlichkeit bis anhin verschwiegen wurde.
Der in Polen aufgewachsene Roman Polanski ist zweifelsohne einer der bemerkenswertesten Filmemacher, der 2002 nach Meisterwerken wie "Rosemary's Baby" und "Chinatown" endlich auch den ‘Oscar' für "The Pianist" erhielt. Den er dann, aus sattsam bekannten Gründen, nicht selber abholte. Die Lebensgeschichte des 76jährigen Regisseurs ist überaus tragisch. Als Kind entging er dem Holocaust, verlor aber seine beiden Eltern und emigrierte nach den USA. In Amerika dauerte sein Glück auch nicht lange. Als gefeierter Regisseur wurde seine schwangere Frau Sharon Tate ermordet und dann ein paar Jahre später, der umstrittene, offenbar konfuse Prozess, der ihn, gemäss seinen Aussagen, zur Flucht nach Frankreich zwang. Älteres Filmmaterial sowie jüngst geführte Interviews dienen zur Erkundung der Geschehnisse sowie der entstandenen Vorurteile. Die Fakten sind da, die Regisseurin hat sie nicht plakativ aufbereitet. Das Publikum kann selbst entscheiden, welche Schlüsse es daraus zieht.
P.S.: Der Dokumentarfilm "Wanted and Desired" ist bereits auch auf DVD erhältlich. Wer den Film also im Kino verpasst, kann ihn zuhause am Bildschirm anschauen. Was bei echten Filmliebhabern aber eher verpönt sein dürfte.
Fazit: Was Regisseurin Marina Zenovich über Regisseur Polanskis ‘Leben und Treiben' dokumentiert, ist zum Teil alles andere als erfreulich. Manches sogar völlig undiskutabel. Aber die clever zusammengestellte, filmisch rekonstruierte Dokumentation hat die vier Kameras verdient. Sie ist erstaunlicherweise überraschend informativ und unterhaltend.
Benny Furth
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